Ramelsloh Kollegiatstift

Photo: Klosterkammer, Dr. Jens Reiche

Ramelsloh - Kollegiatstift

Existenz: vermutlich zweite Hälfte 9. Jahrhundert bis 1863
Heutiges Gebiet: Gemeinde Seevetal, Landkreis Harburg
Orden/Art: Freiweltliches Kanonikerstift ohne Ordensbindung
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Bremen (als Exklave in der Diözese Verden); heute Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, Bistum Hildesheim; weltliche Zugehörigkeit: seit 13. Jahrhundert Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, bei Aufhebung des Stiftes Königreich Hannover

Über die Frühgeschichte des vermutlich durch Erzbischof Ansgar von Hamburg-Bremen im 9. Jahrhundert gegründeten Stifts ist wenig bekannt, die erste belastbare Urkunde stammt von 937. Erst ab dem Ende des 12. Jahrhundert wird die Geschichte der Einrichtung besser fassbar. Das Kollegiatstift ging 1235 an die welfischen Herzöge von Braunschweig-Lüneburg. Es blieb kirchlich weiterhin an die Erzdiözese Bremen gebunden, obwohl es auf dem Gebiet des Bistums Verden lag. Verglichen mit dem 12. Jahrhundert scheint das Stift in den folgenden Jahrzehnten an Bedeutung eingebüßt zu haben. Die Pröpste entstammten von 1188 bis 1230 abwechselnd dem Stift und dem Bremer Domkapitel, kamen danach fast nur noch aus dem Bremer Kapitel und lebten im 14. Jahrhundert auch nur noch dort, während das Stift vor Ort vom Dekan geleitet wurde. Im späten Mittelalter waren es hauptsächlich Mitglieder des niederen Adels, welche das Amt des Probstes und des Dekans ausübten, bei den einfachen Kanonikern kam es nur teilweise vor, dass diese aus dem Adel stammten. Ab dem 15. Jahrhundert ist ein starker Anstieg von bürgerlichen Mitgliedern des insgesamt 13 Mitglieder umfassenden Konvents festzustellen. Die Stiftsherren wohnten, wenn sie noch am Ort lebten, in eigenen Häusern, ebenso die Vikare, deren Zahl sich zu Hochzeiten auf bis zu 15 belief. Es bestanden die Ämter des Probstes, des Dekan, Vizedekan, Theasaurar, Scholaster, Senior, Subsenior, Kämerer, Schulmeister, Prediger, Küster und des Glöckners. Ab 1364 ist eine Schule nachweisbar, welche in der Reformationszeit zu Grunde ging. 1612 wurde vom Herzog eine neue Schule eingerichtet.
Zur Zeit der Gründung soll das Stift über die Reliquien der Märtyrer Sixtus und Sinnitius verfügt haben. 1492 werden Reliquien der 10.000 Märtyrer genannt. Für 1529 ist der Besitz eines Kopfreliquiars des heiligen Sixtus belegt, welches aber schon 1612 nicht mehr in Ramelsloh nachweisbar war.
Über den Grundbesitz in der Anfangszeit des Stiftes geben die Quellen keine Auskunft, in der fassbaren Zeit war der Besitz auf die Umgebung von Ramelsloh beschränkt. Zehntrechte bestanden auch in größerer Entfernung, wie im Erzstift Bremen bei Harzfeld, in Stormarn und in der Hasseldorfer Marsch. Die Einkünfte aus Stormarn gingen Ende des 16. Jahrhunderts verloren. In der Waldung Ramelsloher Ohe übte das Stift die Holzherrschaft aus. Es wurde keine Eigenwirtschaft betrieben. In der Lüneburger Sülte besaß das Stift eine Pfannenherrschaft.
Die Reformation wurde zwischen 1529 und 1540 im Stift auf Initiative Herzog Ernst des Bekenners eingeführt. Das Amt des Probstes wurde ab dieser Zeit vom Herzog besetzt, während die Pfründen zur Ausstattung von Hofbeamteten genutzt wurden. Ab 1684 diente die Kirche des Stifts dem Ort Ramelsloh als Pfarrkirche. Die Kanoniker wurden vom Herzog zu Kaplanen ernannt und wes wurde ihnen gestattet zu heiraten. Im Jahre 1850 wurde die Auflösung des Stifts vom Königreich Hannover verfügt. Durchgeführt wurde die Auflösung jedoch erst 1863. Einziges erhaltenes Gebäude ist der Chor der Stiftskirche, die 1887 bis auf ebenjenen Chor wegen Baufälligkeit abgerissen wurde. Der Alte Chor wurde in den 1889 fertiggestellten Neubau integriert.

Literatur: Dieter Brosius, Artikel Ramelsloh - Kollegiatstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1271-1278.

Germania Sacra: 3346

Bearbeiter: Lennart Steffen