Heiningen - Augustinerchorfrauen

Photo: Losch, 2012, CC BY-SA 3.0

Heiningen - Kanonissen, später Augustiner-Chorfrauen

Existenz:ca. 1000 bis 1810
Heutiges Gebiet: Heiningen, Landkreis Wolfenbüttel.
Orden/Art: Kanonissenstift; seit 1126 Augustiner-Chorfrauen.
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim; bei der Aufhebung 1810 Königreich Westphalen.

Ein bereits bestehender Herrensitz im Besitz des sächsischen Herzoghauses wurde von einer Hildesvit und ihrer Tochter Walburgis um 1000 in eine fromme Stiftung für Frauen umgewandelt. Bischof Bernward erwirkte bei Kaiser Otto III., das Stift unter königlichen Schutz zu nehmen. Äbtissin und Vogt sollten mit Zustimmung des Bischofs vom Konvent gewählt werden. Mit der Annahme der Augustinerregel 1126 scheint das Kloster aufzublühen. Vormals adelig geprägt fanden in der Folge vermehrt auch Nichtadelige Aufnahme. Der Konvent setzte sich im Durchschnitt aus etwas mehr als 20 Stiftsdamen zusammen. Insgesamt lebten teilweise mehr als 100 Personen im Stift. Zu den Klosterämtern gehörten neben der Äbtissin bzw. Priorin (erstmals um 1000 genannt) die Schäfferin (1220), Küsterin (1220), Kellermeisterin (1220), Novizenmeisterin (1220), Sangmeisterin (1315), Kämmerin und „scolastica“.
1140 übertrug Bischof Bernhard dem Propst die Archidiakonatsrechte über Heiningen. Patronatsrechte sind belegt in Heiningen, Burgdorf, Wöltingerode, Gielde, Lengde, Beuchte und Werla. Diese Rechte wurden aber schon ab 1260 nicht mehr berücksichtigt. Ab 1565 war Klein-Flöthe Patronatspfarrei des Stifts. Als das Kloster 1275 Bischof Otto I. von Hildesheim die finanzielle Unterstützung zum Kauf der Burg Wohldenberg versagte, wurde der Konvent kurzzeitig exkommuniziert.
Das Stift besaß Güterkomplexe in der späteren Wüstung Hadel, Aderstedt und Quenstedt. Das Dorf Heiningen gehörte fast vollständig dem Stift. Grundbesitz unbekannter Größe befand sich in Flöthe, Ohlhof, Bettingerode, Berßel, Ristedt (oder Riestedt), Thiedrikingeroth (vermutlich Dittichenrode, Isingerode oder wüst) und in Ailrendingeroth (Altenrode?). Der Besitz in Altenrode wurde vom Stift zu einem Vorwerk umgewandelt. Zehntrechte sind neben Heiningen selbst in der späteren Wüstung Bungenstedt und einem unbekannten Ort bei Cramme belegt. Zudem besaß es die Fischereigerechtigkeit in der Oker von der Ölmühle im Steinfeld bis an die Dorstädter Grenze.
Das 14. Jahrhundert war von einem wirtschaftlichen Rückgang gekennzeichnet, der bis zur Annahme der Windesheimer Reform anhielt. Damit einher gingen offenbar auch eine stetige Verweltlichung und wachsende Privateinnahmen der Konventualinnen. Zu gleicher Zeit begann ein jahrhundertelanger Streit zwischen den Klöstern Heiningen und Dorstadt um Zehntabgaben (1366 bis 1710). Die zahlreichen Prozesse gingen stets zugunsten Heiningens aus.
1451 wandten sich die Stiftsdamen an Johannes Busch, den Propst des Augustiner-Chorherrenstifts zur Sülte in Hildesheim mit der Bitte um Reformierung. Unter der Priorin Elisabeth Terwins und dem Propst Arnold Steinwiek begann ab 1481 eine bauliche Renovierung des Stifts. Als die Priorin im Februar 1522 starb, hinterließ sie ein mit Renten abgesichertes, schuldenfreies und frisch renoviertes Stift. Nach der Hildesheimer Stiftsfehde fiel Heiningen 1523 an Herzog Heinrich den Jüngeren. Die Reformation erfolgte im Oktober 1542, nachdem Anhänger des Schmalkaldischen Bunds den Herzog vertrieben und das Stift geplündert hatten. Als Heinrich nach der Schlacht bei Mühlberg zurückkehrte, wurde das Stift 1547 rekatholisiert. Nachdem ihm Herzog Julius 1568 nachgefolgt war, wurde erneut die Aufhebung der Gelübde verkündet, die Ordenstracht verboten sowie der freie Austritt und die Heirat erlaubt.
Während des Dreißigjährigen Kriegs musste das Stift Kriegskontributionen zahlen, die die eigene Leistungsfähigkeit überstiegen. Von den flüchtenden Truppen König Christians IV. von Dänemark nach der Schlacht bei Lutter am Barenberge wurde das Stift zerstört. Die Konventualinnen flohen in die Festung Wolfenbüttel. 1629 wurde das Stift vorübergehend vom Augustinerorden übernommen, jedoch begab sich der Konvent 1631 wegen der Einquartierung schwedischer Truppen erneut nach Wolfenbüttel und blieb dort bis 1638.
1643 wurde Heiningen rekatholisiert und blieb dies bis zur Aufhebung. Aus dem Krieg resultierte Schulden wurden abgebaut und die Innenausstattung erneuert. Nach der Errichtung des Königreichs Westphalen wurde Heiningen mit Zwangsanleihen belastet, die das Stift ab 1808 nicht mehr aufbringen konnte. Man verpachtete das Vorwerk Altenrode, einige Wiesen und den Zehnt in Cramme und Halchter. Schließlich erfolgte am 17. Januar 1810 das Aufhebungsdekret für das Kloster. Den noch verbliebenen Stiftsdamen wurde gestattet, bis zu ihrem Tod im Stift zu bleiben; sie erhielten Pensionen.
Die ehemalige Stiftskirche St. Peter und Paul (heute kath. Pfarrkirche) stammt aus dem späten 12. Jahrhundert. Die noch erhaltenen ehemaligen Stiftsgebäude wurden hauptsächlich im 18. Jahrhundert erbaut. Sie befinden sich heute auf dem Gutshof Degener: Das ehemalige Haus des Priors (Mitte des 18. Jahrhunderts) ist heute Wohnhaus. Das Konventualengebäude ist gleichzeitig mit dem Herrenhaus erbaut worden. Es existieren außerdem noch das dreibogige Haupttor aus Bruchstein (1702), die Scheune (1705) und der achtseitige Taubenturm mit geschweifter Haube (1743). Im Landschaftsgarten befindet sich ein Aussichtspavillon im indischen Stil (1840). Weiter erhalten sind eine barocke Mauer (1715) und ein Tympanon mit der Figur eines Heiligen (um 1200). Eine 1592 von Hans Mertens in Goslar gegossene Glocke sowie zwei weitere im Jahre 1883 von J.J. Radler in Hildesheim gegossene Glocken sind erhalten. An Kunstgegenständen haben sich unter anderem das sog. Heininger Kreuz (datiert auf nach 999) im Hildesheimer Domschatz, das sog. Bernwardskreuz von etwa 1200 im Pfarrhaus und farbige Standbilder der Gründerinnen Hildeswid und Alburg vermutlich aus dem späten 13. Jahrhundert am südwestlichen Vierungspfeiler der Kirche erhalten.

Literatur: Dennis Knochenhauer, Artikel Heiningen - Kanonissen, Später Augustiner-Chorfrauen, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 614-624.

Germania Sacra: 90

FemMoData: 895

Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg