Photo: Klosterkammer, Dr. Jens Reiche

Riechenberg – Augustiner-Chorherren

Existenz: 1117 bis 1803
Heutiges Gebiet: Stadt Goslar, Landkreis Goslar.
Orden/Art: Augustiner-Chorherrenstift
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim, weltliche Zugehörigkeit: bei Aufhebung 1803: Königreich Preußen.

Das Riechenberger Stift wurde im Jahre 1117 drei Kilometer nordwestlich von Goslar eingerichtet. Gestiftet wurde es, für diese Zeit sehr ngewöhnlich, nicht von einem Adligen, sondern vom Goslarer Stiftskanoniker Petrus, im Verbund mit seiner Mutter und zweier Verwandter. Die Kirche wurde 1122 geweiht, 1131 wurde durch Bischof Bernhard dem Stift freie Probstwahl, eingeräumt. Während der Amtszeit des Probstes Gerhard erlebte das Kloster eine erste Blütezeit; im Jahre 1131 entstand im Skiptorium der Chorherren die heute älteste Teilhandschrift der Glossa Ordinaria zur Hl. Schrift. Es bestanden im Stift folgende Ämter: Probst (1126), Prior (1198); der Prior ersetzte den Probst in Folge des Beitritts zur Waldheimer Kongregation (1433/1435), Subprior (1452); Cellerar (1178); Kämmerer (1266); Prokurator (1518); Senior (1399). 1278 beendete ein Großbrand diese Zeit.
Ein Drittel des Richenberger Besitzes lag Mitte des 12. Jahrhunderts in der näheren Umgebung des Stifts. Weiterer Besitz bestand im Innerstetal bis nach Grasdorf und an der Nette im Ambergau. 1340 besaß das Stift je ein Vorwerk in Hahndorf und in der späteren Wüstung Ebbingerode bei Alt Wallmoden. 1478 wurden ein Zehnthof und das Recht des halben Zehnten in Bockenem erworben. Der Stift besaß auch eine große Zahl an Mühlen in und vor Goslar sowie eine Sägemühle beim Kloster, ferner Bergbau- und Holznutzungsrechte. Auch wurde eine große Fläche an Grundeigentum bewirtschaftet. 1368 waren die Schulden so drückend geworden, dass das Stift das Bleidach seiner Kirche veräußerte.
Ab 1404 ist eine Schule belegt. Riechenberg besaß das Recht der Sakramentenspendung und die Sepultur für Goslar. Es bestand auch ein Patronat über Hahndorf. 1432 trat Riechenberg der Windesheimer Reformkongregation bei. Das Amt des Probstes wurde in das eines Priors umgewandelt. Im weiteren Verlauf des 15. Jahrhunderts beteiligten sich die Priore von Richenberg an der Reform einer großen Zahl von weiteren Stiften und Klöstern. Ab 1452 war der Riechenberger Prior ständiger Visitator der Augustinerkonvente in Heiningen und Steterburg. Die Reform scheint auch in Riechenberg zu einem erneuten wirtschaftlichen Aufschwung geführt zu haben, nach der Reform umfasste der Konvent inkl. der Arbeiter wohl über 70 Personen.
Im Jahre 1568 wurde im Stift die Reformation eingeführt. Im Zuge des Dreißigjährigen Kriegs wurde 1643 wieder ein katholisches Augustiner-Chorherrenstift eingerichtet und trat unter dem Probst Heinrich Brumleben (1644-1659) erneut der Windesheimer Kongregation bei. 1661 bis 1803 bestand eine Klosterpfarrei. 1774 ging Riechenberg aufgrund von zahlreichen Bauprojekten und wohl schlechter Wirtschaftsführung des Propstes Wilhelm de la Tour (1762-1772) in Konkurs. Im Jahre 1803 wurde der Stift durch die preußische Regierung aufgehoben, das Klostergut in eine Domäne umgewandelt.
Von der Kirche des Stiftes sind heute die Krypta, die nördliche Nebenabside, die Nordwand des Langhauses und Teile des Westriegels erhalten. Die Krypta ist von hoher kunsthistorischer Bedeutung. Auch erhalten ist die Sakristei samt „Bibliothek“. Vom Klosterhof sind heute die Stallungen erhalten; im Probsteigebäude befindet sich heute das evangelische Gethsemanekloster.

Literatur: Wolfgang Petke, Artikel Riechenberg – Augustiner-Chorherren, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1307-1314.

Germania Sacra: 126

GND: [4639611-1]

Bearbeiter: Lennart Steffen