Photo: Johamar, 2015, CC-BY-SA 4.0

Steterburg – Kanonissen, dann Augustiner-Chorfrauen, später ev. Damenstift

Existenz: ca. 1000 bis zur Gegenwart
Heutiges Gebiet: Stadt Salzgitter
Orden/Art: Kanonissenstift, ab 12. Jh. Augustiner-Chorfrauenstift, 1569 evangelisches Jungfrauenstift, 1691 adeliges freiweltliches Damenstift.
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim; heute evangelisch-lutherische Landeskirche in Braunschweig; bei Gründung Sachsen; bei Umzug nach Blankenburg: Land Braunschweig, Deutsches Reich.

Das Kanonissenstift wurde um das Jahr 1000 an der alten Festung Stedereburch an der Oker von Frederunda, der Tochter des Grafen Altmann und Verwandten des Hildesheimer Bischofs Bernward gegründet. Die eigenkirchlichen Rechte an Steterburg wurden dem Bistum Hildesheim durch die Kaiser Otto III. und Heinrich II. bestätigt. Die Gründung des Stifts diente der Ausweitung des Einflusses der Hildesheimer Bischöfe sowie der Festigung der östlichen Grenze des Gebiets der Diözese. Trotz einer umfangreichen Ausstattung an Grundbesitz erlangte das Stift im 11. und frühen 12. Jahrhudert nur geringe Bedeutung. Da es Anfang des 12. Jahrhunderts wohl stark heruntergewirtschaftet war, übernahmen die Hildesheimer Bischöfe Berthold I. und Bernhard I. selbst die Verwaltung von Steterburg. Das Kanonissenstift wurde in ein Augustiner-Chorfrauenstift umgewandelt. Als ersten Probst des neuen Stifts, wurde 1142 der Riechenberger Probst Gerhard I. eingesetzt. Dessen Nachfolger und Neffe Gerhard II. (1164-1201) schloss die Umwandlung endgültig ab. Infolge der Reform des Stifts kam es zu vermehrten Eintritten von Töchtern der welfischen und bischöflichen Dienstmannen, was zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen Lage Steterburgs führte. Dies führte dazu, dass es unter Gerhard II. seine erste Blütephase erlebte. Ab der Mitte des 13. Jahrhunderts und Anfang des 14. Jahrhunderts traten vermehrt Töchter Braunschweiger Familien in das Stift ein, wodurch der Einfluss der Braunschweiger Stadtbürger auf den Konvent wuchs. Folgende Ämter bestanden in Steterburg: Äbtissin (erstmals 1000 bzw. 1691), Propst (1142, ab 1414 auch Provisor), Priorin (1218), Domina (1508), Unterpriorin (1460), Koadjutorin (1691), Küsterin (vor 1275), Schaffnerin (1461), Kämmerin (1260), Schulmeisterin (1415), Kantorin (1322), Krankenmeisterin (1302), Dapifer (1252), Prokurator bzw. Provisor (1302), Verwalter bzw. Propst (1596). In der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde das Stift durch Johannes Busch mit neuen Stiftsdamen versehen, die in der Regeln der Windesheimer Kongregation unterwiesen worden waren.
Steterburg besaß Reliquien von der Krippe des Herren, vom hl. Kreuz, von dem Stock, mit dem das Haupt des Herren geschlagen wurde, von der Dornenkrone, vom Blut des Herrn, vom Gewandt des Herrn, von den Gewändern Marias, dazu Reliquien von Johannes dem Täufer, Petrus, Paulus, Andreas, Jakobus d.Ä. und anderen Heilligen.Das im 13. Jahrhundert gegründete Augustiner-Chorfrauenstift Melverode war eine Filiation Sterburgs. Das 1515 neu gegründete St. Annen-Kloster in Lübeck wurde durch Damen aus Steterburg besetzt. Steterbug besaß Patronatsrechte in Adersheim, Braunschweig-Melverode, Geitelde, Halcher, Linde, Nortenhof, Salzgitter-Beddingen, Salzgitter-Bruchmachtersen, Steder, Stiddien und Vechelde. Im Mittelalter war die Stiftskirche wohl auch die Pfarrkirche für den Ort Steterburg. Erste Belege für eine Schule am Stift finden sich im Jahre 1415. Eine Kleinkinderschule und Bewahranstalt existierte in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Eine Krankenstation wurde am Ende des 13. Jahrhunderts eingerichtet.
Die Gründungsausstattung an Gütern lag größtenteils in der Gegend Braunschweig – Wolfenbüttel –Gifhorn. Von diesen Besitzungen gingen jedoch viele im Verlauf des 11. und frühen 12. Jh. verloren. Unter dem Probst Gerhard II. gelang es die Besitzungen und den Wohlstand Steterburgs wieder zu mehren. Dieser neue Besitz lag hauptsächlich in der Gegend Braunschweig – Wolfenbüttel – Peine und südlich von Gifhorn. Dieser Besitz blieb in dieser Form größtenteils bis in die Neuzeit bestehen. Nur in dem Gebiet südlich von Gifhorn mussten Verluste hingenommen werden. Wirtschaftshöfe bestanden im 13. und 14. Jahrhundert in Steterburg, Klein Mahner, Linden, wohl auch in Nortenhofen und Melverode. In Fümmelse gab es im 15. Jahrhundert einen Hofmeister. Mühlen lagen in Badersleben, Braunschweig-Melverode, Leiferde, Linden, Salzgitter Groß-Mahner und Steterburg. Fischteiche wurden auf dem Hof Richenberg, Leiferde, Klein Schwülper und Klein Stockheim unterhalten. Auch wurden Rechte an der Saline in Salzgitter-Gitter erworben. Ab ca. 1400 gibt es Belege für eine Stiftsbrauerei.
Während des Schmalkaldischen Krieges wurde das Stift im Jahre 1542 geplündert. Im Jahre 1569 wurde Steterburg in ein evangelisches Jungfrauenstift umgewandelt. Im Dreißigjährigen Krieg wurden die Gebäude des Stifts zerstört und in im Laufe der folgenden Jahrzehnte wiederaufgebaut. 1691 wurde Steterburg auf Veranlassung der Herzöge Anton Ulrich und Rudolf August in ein adeliges freiweltliches Damenstift umgewandelt. Im Königreich Westphalen wurde das Stift aufgelöst, jedoch nach der Niederlage des napoleonischen Frankreichs wieder hergestellt. 1938 wurden die Gebäude durch die Reichswerke Salzgitter AG aufgekauft und zu Wohngebäuden umgewandelt, während die Stiftsdamen nach Blankenburg umsiedelten. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden diese Gebäude enteignet und in ein Lungenkrankenhaus umgewandelt. Der Stift zog nach Schliestedt bei Schöppenstedt um und ist heute eine gemeinnützige Einrichtung der Ritterschaft des ehemaligen Landes Braunschweig. Die Stiftskirche ist seit 1939 im Besitz der evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig und dient heute als Pfarrkirche der evangelischen Gemeinde Steterburg.

Literatur: Silvia Bunselmeyer, Artikel Steterburg – Kanonissen, dann Augustiner-Chorfrauen, später ev. Damenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1392-1401.

Germania Sacra: 131

GND: [4508431-2]

FemMoData: 2610

Bearbeiter: Lennart Steffen