Photo: Klosterkammer, Dr. Jens Reiche

Marienrode - Augustiner-Chorherren, zeitweilig Doppelstift, seit 1259 Zisterzienser; heute Benediktinerinnen

Existenz: 1125 bis 1806; Neugründung 1988
Heutiges Gebiet: Marienrode, Stadt Hildesheim, Landkreis Hildesheim
Orden/Art: Augustiner-Chorherren kloster; zeitweilig Doppelkloster; ab 1259 Zisterzienser (bis 1806); heute Benediktinerinnen
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim, heute Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Bistum Hildesheim; Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, bei Aufhebung Königreich Westphalen, heute Land Niedersachsen

1125 wurde das Augustiner-Chorherrenstift vom Hildesheimer Bischof Berthold im Ort Backenrode gegründet. Mutterkloster der Augustiner-Chorherren war das Kloster Hamersleben oder Riechenberg. Der Konvent besaß das Recht der freien Propstwahl und war damit unabhängiger von äußerer Einmischung als vergleichbare Klöster. Folgende Reliquien sind belegt: der hl. Cosmas und Damian, Kreuzespartikel, Reliquien der hll. Johannes d. T., Stephanus, Barbara, Georg, Cäcilia sowie Partikel von der Dornenkrone Christi. Belegt ist eine Wallfahrt zu der Reliquie der Dornenkrone. Ab ca. 1220 bestand dort ein Nonnenkonvent, während der Chorherren-Konvent um die Mitte des 13. Jahrhunderts aufgelöst wurde. Das Kloster besaß das Patronatsrecht an der Pfarrkirche zu Betheln, der Kapelle in Groß-Freden und der Kirche in Ammensen.
Als 1259 das Zisterzienserkloster Isenhagen einem Brand zum Opfer fiel, fand der Isenhagener Konvent im Backenroder Kloster Zuflucht, das nun unter dem Namen Marienrode als Zisterzienserkloster weitergeführt wurde. Regelmäßig visitiert wurde es fortan vom Abt von Riddagshausen. Die Zisterzienser erwarben den Patronat der Kirchen in Bokel, Kirchrode mit den Kapellen in Anderten und Bermerode, Diekholzen, Alfeld, Bockenem sowie der Kapelle in Wendhausen. Hinzu kamen als Inkorporationen die Kirchen in Tossum, Diekholzen und Söhre. Außerdem nahmen die Geistlichen die Pfarrfunktion in Barienrode, Althaldensleben und Egeln wahr.
Seit der Gründung verfügte das Kloster über zahlreiche landwirtschaftliche Nutzflächen und Höfe sowie über Mühlen und Zehntrechte. Hinzu kam der Landstrich zwischen Marienrode und Hildesheim und einige Grangien und Wirtschaftshöfe in Neuhof, Wendhausen und Neubokel. Mühlen besaß es u.a. in Adensen, Anderten, Barfelde, Diekholzen, in Hildesheim, Sorsum, Laatzen und Marienrode. Fischereirecht hatte es in Harkenbleck an der Leine und der Aue bei Laatzen an der Leine zwischen der Mühle in Jeinsen und Barnte an Innerste und Beuster von der Mühle in Diekholzen bis zur Mündung des Beuster und an der Innerste. Südlich der Klosteranlage befand sich eine dichte Reihe von eigenen Fischteichen.
Im 15. Jahrhundert wurden Kirche und Konventsgebäude neu errichtet. In den 1440er Jahren erfolgte eine Reform des Klosters, die den Abt in der Folge zunehmend in die Konflikte des Bistums mit einbezog. 1443 kam es im Zuge von Streitigkeiten von Stadt und Bistum Hildesheim zu massiven Übergriffen der Stadt auf den Klosterbesitz. Diese Übergriffe nahmen nach der Reformation Hildesheims zu. 1538 begab sich das Kloster unter den Schutz des Fürstentums Calenberg. Vom späten 16. bis Mitte des 17. Jahrhunderts versuchten die Landesherrn Einfluss auf die Abtswahl zu nehmen. 1586 eskalierte nach dem Tod des Abtes Johannes Hanes der Streit zwischen dem Fürstentum und dem Bistum um das Besetzungsrecht und führte zu einer doppelten Abtswahl.
Bis zur Säkularisation 1806 war es das einzige katholische Kloster unter welfischer Herrschaft und bestand noch aus 21 Professbrüdern und vier Novizen. Er unterstand der Aufsicht eines Propstes und der Leitung eines Abtes. Des Weiteren waren ein Prior und ein Senior an der Leitung beteiligt. 1716 wurde in Neuhof mit Zustimmung von Abt und Kloster ein Schulhaus errichtet. 1809/10 gelangte Marienrode an das Königreich Westphalen. 1864 wurde die Domäne nach zweimaligem Besitzerwechsel der Klosterkammer unterstellt. 1988 erwarb das Bistum Hildesheim die Kirche, Konvents- und Wirtschaftsgebäude und siedelte dort Benediktinerinnen an.
Die Klosterkirche ist heute in einer teilweise im 19. Jahrhundert restaurierten Form erhalten. Konvents- und Wirtschaftsgebäude stammen aus dem 18. Jahrhundert. 1748 wurden zwei Glocken gegossen, davon wurde die größere 1880 ersetzt, die kleinere 1951 umgegossen. Kunsthistorisch bedeutsam sind zahlreiche Gemälde aus dem 18. Jh. u.a. ein Abendmahl, Christus am Ölberg, Ecce homo, Pfingsten und Mariae Himmelfahrt. Zu Inschriften: DI 58 Nr. 204.

Literatur: Ulrich Knapp, Artikel Marienrode – Augustiner-Chorherren, zeitweilig Doppelstift, seit 1259 Zisterzienser, heute Benediktinerinnen, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1006-1015

Germania Sacra: 120

GND: [4199304-4]

Bearbeiter: Aaron Schwarz