Photo: AxelHH, 2012, CC BY 3.0

Escherde - Benediktinerinnen

Existenz: ca. 1200 bis 1810
Heutiges Gebiet: Haus Escherde, Gemeinde Betheln, Samtgemeinde Gronau (Leine), Landkreis Hildesheim.
Orden/Art: Propstei, Benediktinerinnen, norddeutsche Ordensprovinz.
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Hildesheim; bei Aufhebung Königreich Westphalen.

1203 wurde das Kloster als Frauenkonvent von Ritter Lippold (Luppold) von Escherde in Groß Escherde gestiftet und mit Besitzungen dort und in Wennerde und Grasdorf ausgestattet. Dem Konvent war keine Ordensregel vorgeschrieben worden, seine Propsteiverfassung verweist jedoch auf ein Benediktinerinnenkloster. Bereits die Gründungsurkunde schrieb die starke Stellung des vom Konvent gewählten Propstes als Vorsteher des Klosters fest. Auch in der Zeit nach der Wiedereinrichtung des katholischen Konvents im 17. Jahrhundert war der Propst sowohl der Hauptseelsorger der Nonnen als auch Leiter der Wirtschaftsverwaltung und rechtlicher Vertreter nach außen. 1236 wurde das Kloster nach Bovingehusen, das danach den Namen Neu Escherde erhielt. Der ursprünglich geringe Grundbesitz des Klosters wurde durch Schenkungen, Erwerb von Land und Rechten sowie die Mitgift der eintretenden Nonnen vermehrt.
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts besaß das Kloster Zehntrechte und Land in Bovingehusen, Oddingehusen, Eddinghausen, Achem, Betheln und Barfelde sowie in Groß Escherde, Eberholzen, Rheden, Brüggen und Wallenstedt. Zudem wurde eine Kalkbrennerei betrieben. Hinzu kamen in der frühen Neuzeit Klosterhöfe und Rechte in Gronau, Rössing, Gestorf, Hasede, Mahlerten, Giften, Heyersum und Sorsum. Kloster Escherde besaß ein Vorwerk in Eddinghausen, das zunächst vom Kloster aus bewirtschaftet wurde. Seit 1324 wurden abhängige Bauern mit den Ländereien bemeiert. Zum Besitz zählten drei Mühlen, eine Schmiede, eine Brauerei und Fischereirechte in Despe.
Über das monastische Leben und den Bildungsstand der Ordensfrauen erfährt man erst aus dem Visitationsbericht des Klosterreformators Johannes Busch von 1441, als die Nonnen und die neu gewählte Priorin die Reformen der Windesheimer Kongregation ohne Widerstände akzeptierten. Neben Propst und Priorin sind für das Mittelalter die Ämter der Kellnerin, der Kämmerin, der Fensterfrau, der Kantorin und der Siechenmeisterin belegt. Im frühen 16. Jh. lassen sich noch die Ämter der Subpriorin und der Kustodin nachweisen. Nach der Wiedereinrichtung des Benediktinerinnenkonvents im 17. Jahrhundert standen eine Domina und nach ihr eine (Sub-)Priorin an der Spitze des Konvents. Außerdem gab es die Ämter der Kantorin, der Novizenmeisterin, der Kellermeisterin und der Kornmeisterin.
Bei der Verlegung 1236 erhielt das Kloster die Seelsorge in den Orten Neu Escherde und Eddinghausen sowie in den späteren Wüstungen Oddingehusen und Achem. Die Patronatsrechte über die Pfarrei Betheln wurden 1296 vom Zisterzienserkloster Marienrode auf das Kloster übertragen. Die Pfarrkirche von Groß Escherde wurden ihm ebenfalls inkorporiert. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts diente die Klosterkirche zugleich als Pfarrkirche für die katholischen Einwohner von Escherde, Betheln, Barfelde und Eddinghausen. Für die Jahre 1305 und 1380 ist ein Siechenhaus bzw. das Amt der Siechenmeisterin urkundlich belegt.
Die Einführung der neuen Lehre im Zuge der Reformation im November 1542 stieß zunächst auf passiven Widerstand, der erst nach der Neuwahl der Priorin und der Absetzung des Propstes im Jahr 1544 abebbte. Seitdem oblag die Verwaltung des Klosters einem weltlichen Verwalter. Das Kloster Escherde entwickelte sich zu einem evangelischen Damenstift, das zeitweise bis zu zehn vor allem adlige Konventualinnen beherbergte, die vom Pastor der nun lutherischen Pfarrei Haus Escherde betreut wurden. Die protestantische Periode des Klosters Escherde ist gekennzeichnet durch eine wachsende Verschuldung, die durch die landesherrliche Klosterpolitik sowie die Misswirtschaft der eingesetzten Verwalter verschärft wurde. Im Herbst 1625 fand das klösterliche Leben ein vorübergehendes Ende, als die letzten verbliebenen Stiftsdamen im Dreißigjährigen Krieg nach Hildesheim flohen.
Nach der Rekatholisierung des Klosters im August 1629 plante das Generalkapitel der Bursfelder Union die Wiedererrichtung eines Konvents. Die allmähliche Sanierung der Klosterwirtschaft begann unter dem Hildesheimer Weihbischof Adam Adami, der von 1653 bis 1663 die Administration übernahm. Die ersten Nonnen des neuen Benediktinerinnenkonvents wurden um 1665 aus Brenkhausen nach Escherde geholt. Später lebten dort etwa 20 Ordensfrauen meist bürgerlicher Herkunft. In Haus Escherde wurde im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts eine katholische Schule eingerichtet, zu deren Schulbezirk Haus Escherde, Betheln, Eddinghausen und Barfelde gehörten. Nach der Säkularisierung des Klosters bestand die Schule zunächst weiter, bis sie 1925 wegen der geringen Anzahl katholischer Schüler geschlossen wurde. Im letzten Viertel des 17. Jahrhunderts entfaltete das Kloster überdies eine rege Bautätigkeit.
1802 starb der letzte Propst von Escherde. Danach wurde ein Verwalter, seit 1805 ein Amtmann eingesetzt. Bei der Auflösung im Königreich Westphalen 1810 bestand der Konvent neben der Domina und der (Sub)Priorin aus 16 weiteren Nonnen und zwei Laienschwestern, die das Kloster verlassen mussten.
Die heutigen Klostergebäude entstammen dem Ende des 17. Jahrhunderts. Die Anlage besteht aus der profanierten Kirche, dem erhaltenen Teil der Klostergebäude und der Propstei. Der nördliche Wirtschaftshof (Scheune, Vieh- und Pferdestall) ist noch weitgehend erhalten, vom südlichen Hof sind noch der ehemalige Kornspeicher und der Schafstall vorhanden. Die ehemalige Ausstattung der Kirche wurde zwischen 1831 und 1850 vollständig verkauft.

Literatur: Claudia Kauertz, Artikel Escherde – Benediktinerinnen, später ev. Damenstift, dann Benediktinerinnen, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 394-404.

Germania Sacra: 69

FemMoData: 649

Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg