Walkenried - Zisterzienser


Photo: Norbert Kaiser, 2012 (Wikimedia Commons)

Walkenried - Zisterzienser

Existenz: 1127 bis ca. 1648
Heutiges Gebiet: Walkenried, Landkreis Göttingen-Osterode
Orden/Art: Zisterzienserkloster
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Mainz; bei Aufhebung: Fürstentum Lüneburg

Adelheid, die Ehefrau eines Volkmar von Thüringen bemühte sich seit 1123 um die Gründung eines Klosters in Walkenried, das schließlich 1129 mit Zisterziensern aus Kamp (heute Kamp-Lintforth) besetzt wurde. Kamp fungierte somit als Mutterkloster. Zur Erstausstattung des Klosters gehörten die inzwischen wüsten Dörfer Immenroth, Suaveresthorp und vermutlich auch Engilharderoth sowie Walkenried. Bereits 1132 kamen einige Besitzungen in der Umgebung dazu, und im Laufe des 12. und 13. Jahrhunderts in dem Maße, dass Walkenried fortan über einen Stiftsbezirk verfügte, der in etwa 100 km² entsprach. 1137 weihte Erzbischof Adalbert von Mainz den Hauptaltar zu Ehren Mariens und sechs Nebenaltäre, die Klosterkirche und die Klausur wurden zwischen 1209 und 1290 nach dem Vorbild von Morimond neu errichtet. Die Kirche entsprach in ihren Dimensionen einer Kathedralkirche. 1137 verfügte das Kloster über 73 nicht näher genannte Reliquien, 1351 kamen u.a. Kreuzessplitter und Teile der Dornenkrone hinzu.
Die geistliche Bedeutung in der Region war beträchtlich, neben Königen zählte das Kloster praktisch alle Adelsgeschlechter der Region zu den Mitgliedern seiner Gebetsbruderschaft. Der Konvent setzte sich vor allem aus bürgerlichen und bäuerlichen Personen der Region zusammen, kaum Mitglieder des niederen Adels, im 14. Jahrhundert dann auch vermehrt aus dem Raum Göttingen. Für 1280 kann man von etwa 80 Mönchen und 180 Konversen im Kloster ausgehen. An Klosterämtern werden genannt Abt (erstmals 1138), Prior (1141), Subprior (1215), die Ältesten (seniores, dy eldesten) (1376), Prokurator/Verwalter/Ökonom (1578), (Groß-)Kellerer (1184), Unterkellerer (1235), Krankenmeister (1268), Hospitalmeister (1217/21), Kämmerer (1217/21), Unterkämmerer (1344), Kustos (1184), Kantor (1217/21), Unterkantor (1344), Pförtner (1344), Unterpförtner (1344), Bäcker (1313), Bursar (1313), Pitanziar (1352), Konversenmeister (1344), Forstmeister (1283), Hüttenmeister (1217), Kornmeister (1376), Brudermeister (1376), Schmiedemeister (1485), Stallmeister (magister marstalli) (1221), Steinmeister (1399), Werkmeister (magister operis) (1344) und auf den Außenhöfen Hofmeister bzw. Grangienmeister (1235), Schäfer (ca. 1258), Koch (ca. 1258), Kornmeister (1393) und Weinmeister (1356). Seit dem 12. Jahrhundert ist eine Krankenstation für Mönche (Infirmarium) belegt, daneben gab es ein Hospital, das nach der Reformation als Armenhaus bestehen blieb.
Tochtergründungen waren Schmölln (1132), das ca. 1238 nach Pforte (später Schulpforte) südwestlich von Naumburg verlegt wurde, Sichem, heute Sittichenbach bei Eisleben (1141) und das Nonnenkloster Nikolausrode (ca. 1240). Ferner verfügte das Kloster über zahlreiche Patronate: Günzerode (erstmals genannt 1188), Mechstede (1205), Vodenrode (1209), Kemnade (1235), Nohra (1253), Schauen (1260), Bruchschauen (1272), Steinthaleben (1272), St. Wiperti in Allstedt (1282), Urbach (1313), Stödten (1445), St. Stephan in Güldenau (1445) sowie für die Kapellen in Otstede (1218), Nikolausrode (1218), Numburg (1253), Meinwarderode (1253), Branderode (1255), St. Cäcilien auf dem Klosterhof in Goslar (1269), Badra (1272), Mönchpfiffel (1277), Nordhausen auf dem Klosterhof (1292), Neuhof (1321), Göttingen auf dem Klosterhof (1429), Hohegeiß (1444), Straußfurt (1446), Berbisleben (1475), Zorge (1577) und Wieda (1610). Belegen oder erschließen lassen sich Inkorporationen von Pfarreien in Mechstede, Günzerode, Otstede und Nikolausrode (alle 1218), Numburg? (1253), Branderode (1255), Schauen (1261), Bruchschauen (1272), Nohra (1257), St. Wiperti in Allstedt (1282), die Cäcilienkapelle in Goslar (1298), St. Stephan in Güldenau (1445) und Straußfurt (1451).
Im 15. Jahrhundert beteiligte sich der Konvent an der Errichtung von Studienkollegs in Erfurt und Leipzig. Das Kloster pflegte eine enge Beziehung zum Reich, so ist 1443 eine Einladung zum Reichstag überliefert, seit Ende des 15. Jahrhunderts zahlte Walkenried Reichssteuern und war 1542 mit Sitz und Stimme auf dem Reichstag vertreten.
Wirtschaftlich expandierte das Kloster bis zur Mitte des 14. Jahrhunderts sehr starkt, betrieb neben elf Grangien (Altwalkenried, Immenrode, Günzerode, Schauen, Hildewinesborn, Kinderode, Rodagerode, Beringen, Berbisleben, Riedhof, Kaldenhusen), später noch Neuhof, Numburg, Ebelingerode, Fladekendorf und Immedeshausen sowie eine weitere Grangie für die Güter an der Unstrut und Helbe) Fischzucht in Teichen auch Steinbrüche, Bergbau und Hütten im Harz, zeitweise besaß das Kloster ein Viertel des Rammelsbergs. Es besaß Anteile an der Lüneburger Saline und betätigte sich in der Urbarmachung von Land. Das Kloster besaß Stadthöfe in Nordhausen, Goslar, Kelbra, Göttingen und Osterwieck. Mühlen betrieb das Kloster im Klosterbezirk und in Fladekendorf (erstmals 1188), Steinthaleben (1211), Emelingerode (1223), Kaldenhusen (1232), bei Beringen (1233), in Obersalza (1235), Mönchpfiffel (1237), bei Günzerode (1238), in Neuhof (1242), Görsbach (1246), vermutlich in Lappe (1263?), Nohra (1287), Ostede (1289), Zilly (1296), Windehausen (1309), Straußfurt (1444), Ritteburg (1463), am Brunnenbach (Sägemühle 1533, 1674 zwei Mühlen), Wiedigshof sowie die Feldmühle zwischen Uthleben und Heringen (1260).
1525 wurde Walkenried im Bauernkrieg schwer verwüstet und geplündert, seitdem verfiel die Klosterkirche. Nach einer Phase der starken Verweltlichung des Konvents, der mittlerweile in Nordhausen residierte, stellte der Abt Holtegel 1543 erstmals einige katholische Gebräuche ab. Formal ging das Kloster zur evangelischen Konfession 1556 über, als es zu Grafschaft Honstein kam. Zu diesem Zeitpunkt wurde aus dem Stiftsvermögen eine Schule mit etwa 30-40 Schülern eingerichtet. Sie wurde bis 1669 betrieben.
1564 ließ der sächsische Kurfürst August das Kloster unter einem Vorwand besetzen und einigte sich 1568 mit den Grafen von Honstein auf einen Kompromiss über die Abtswahl und die Gerichtsbarkeit, der jedoch in den folgenden Jahren umstritten blieb. So setzte Graf Volkmar 1578 einen Administrator anstelle des Abts ein, der wiederum einen Verwalter anstelle eines Priors bestellte. Mit dem Aussterben der Honsteiner Grafen fielen sämtliche Rechte am Kloster dem Herzogtum Braunschweig-Wolfenbüttel zu, so dass sich 1593 Herzog Heinrich Julius selbst vom Konvent zum Administrator bestimmen ließ. Während des Dreißigjährigen Kriegs wurde das Kloster erneut mehrfach geplündert, bis es 1648 säkularisiert wurde als erbliches Reichslehen an Braunschweig-Wolfenbüttel vergeben wurde. Die Kirchengebäude verfielen danach, bis 1817 die Nutzung als wilder Steinbruch verboten wurde. 1972 wurden Teile der Ruine abgerissen, Ende der 1980er Jahre begann man jedoch mit ernsthaften Restaurierungsarbeiten. Der erhaltene Kreuzgang dient u.a. als Museum. Eine mittelalterliche Glocke ist erhalten, ferner einige weitere liturgische Kunstgegenstände.

Literatur: Josef Dolle, Artikel Walkenried - Zisterzienser, später ev. Männerkloster, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 471-1487.

Germania Sacra: 908

GND: [4037651-5]

Bearbeiter: Niels Petersen