Hilwartshausen - Augustinerchorfrauen

Photo: Presse03, 2005, CC BY-SA 3.0

Hiltwartshausen - Kanonissen, später Augustiner-Chorfrauen

Existenz: 960 bis ca. 1627
Heutiges Gebiet: Gimte, Stadt Hann. Münden, Landkreis Göttingen
Orden/Art: Kanonissenstift, seit 1142 Augustiner-Chorfrauen
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Mainz; Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel

960 genehmigte König Otto I. die Gründung der Stifterin Aeddila als reichsunmittelbares Kanonissenstift am damaligen Handelsplatz Hilwartshausen. Zum Gründungsgut gehörte eine bereits bestehende, der heiligen Jungfrau Maria und dem heiligen Stephanus geweihte Kirche; wenig später trat als Patron des Stifts der heilige Vitus hinzu. Dem Stift wurde die freie Äbtissinnenwahl zugestanden, nach Einführung der Augustinerregel leitete eine Priorin das Kloster. Als Stiftsämter sind ferner Küsterin, Sängerin, Kämmerin, Unterpriorin und Schäfferin belegt.
Inkorporiert waren dem Stift die Kirchen in Sieboldshausen und Meensen. Pfarrrechte des Stifts bestanden zudem in Blume, Diemarden, Gimte, Vaake mit Veckerhagen, Wiershausen mit Lippoldshausen und den späteren Wüstungen Altmünden und Ratten. Die Stifterin hatte der Gründung je einen Hof in Hilwartshausen, Jühnde, Dransfeld und der Wüstung Frederikeshusen beigegeben. Vorwerke befanden sich später in Barlissen, Diemarden, Elkershausen Friedland, Groß Schneen, Marzhausen, Meensen, Mengershausen, Obernjesa und Sieboldshausen. Mühlen oder Mühlenrechte besaß Hilwartshausen zumindest zeitweilig auf dem Eichhof, in Rosdorf (1322), Burguffeln (1353), Oberscheden (1407), an der Rasemühle bei Rosdorf (1455) und in Diemarden (1506) sowie der späteren Wüstung Behrensen (1334). Grundbesitz des Stifts bestand vor allem östlich des Oberlaufs der Weser bis zur Leine und westlich der Weser am Reinhardswald. Seit dem 12. Jahrhundert besaß das Stift Salzrechte in Allendorf.
Um das Jahr 1000 konnte Bischof Bernward von Hildesheim bei Kaiser Otto III. eigenkirchliche Ansprüche durchsetzen und das in der Erzdiözese Mainz gelegene Hilwartshausen seinem Bistum unterstellen. Zunächst vergeblich versuchte der Mainzer Erzbischof, nun gewaltsam das Stift wieder in seinen Besitz zu bringen. 1142 führte König Konrad III. in Hilwartshausen die Augustinerregel ein und betonte die Reichsunmittelbarkeit des Stifts. 1272 verkauften die Grafen von Dassel ihre Rechte als staufische Stiftsvögte an das Erzbistum, danach begannen jedoch die welfischen Herzöge die Mainzer Herrschaft abzulösen, bis 1358 sämtliche Herrschaftsrechte in ihrer Hand lagen.
Für 1420 ist ein Siechenhaus in Hilwartshausen nachgewiesen. Seit Beginn des 15. Jahrhunderts griffen die welfischen Herzöge unmittelbar ins klösterliche Leben ein. Deutlich wird die welfische Politik besonders bei der Durchführung der Stiftsreform im Sinn der Windesheimer Kongregation, die 1452 eingeleitet und gegen erheblichen Widerstand zwischen 1455 und 1466 durchgeführt wurde. 1518 wurde Hilwartshausen auch in die Gebetsbruderschaft des Klosters Bursfelde aufgenommen. Hatte der Mainzer Erzbischof die Zahl der Stiftsfrauen aufgrund der schlechten Wirtschaftslage 1359 noch auf höchstens fünfzig beschränkt, lebten 1584 im Stift nur noch sieben Stiftsdamen, die 16 weitere Personen betreuten und denen insgesamt sechs Diener zur Verfügung standen. Als das Fürstentum Calenberg-Göttingen 1585 an das Fürstentum Braunschweig-Wolfenbüttel kam, wurde die lutherische Reformation eingeführt. Hilwartshausen blieb zunächst als evangelisches Damenstift bestehen. Nach schweren Zerstörungen durch kaiserliche Truppen im Dreißigjährigen Krieg 1627 kam das monastische Leben in Hilwartshausen zum Erliegen. Der Versuch eines Neubeginns war gescheitert.
Im Laufe der folgenden Jahrzehnte verfiel die Anlage und wurde abgetragen. Im heutigen Gutspark finden sich nur noch einzelne Säulenteile und Kapitelle. Im Stiftbereich ist eine kleine Peterskirche erhalten geblieben, die seit dem 16. Jahrhundert als Pfarrkirche dient. Ebenfalls erhalten ist auf dem Ostufer der Weser im Vorwerk Eichhof ein gotischer Speicher. Inschriften: DI 66 Nr. 1, Nr. 4, Nr. 227.

Literatur: Manfred von Boetticher, Artikel Hilwartshausen - Kanonissenstift, später Augustiner-Chorfrauen, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 801-808

Germania Sacra: 416

GND: [10028346-9]

Bearbeiterin: Leonie Bunnenberg