Abbildung: Andreasgemeinde Verden

Verden – Kollegiatstift St. Andreas

Existenz: 1220 bis 1649
Heutiges Gebiet: Stadt Verden (Aller), Landkreis Verden
Orden/Art: Kollegiatstift; Kanoniker.
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Verden; bei der Aufhebung 1649: Herzogtum Verden (Schwedisch).

1220 wurde die Andreaskirche nahe des Domes, die wohl vorher bischöfliche Palastkapelle war, neu errichtet und im Chorbereich erweitert. Hier wurde das neue Stift, bestehend aus zwölf Kanonikerstellen, angesiedelt. Stifter des Kollegiatstifts war Bischof Iso von Wölpe. Die Stiftsherren rekrutieren sich hauptsächlich aus dem Bürgertum, es waren jedoch auch einige Angehörige des niederen Adels darunter. Die Kanoniker standen in enger Beziehung zu den Verdener Bischöfen und wurden mehrfach als deren Kaplane bezeichnet. Der Probst des Stifts wurde aus den Verdener Domherren ausgewählt und hatte das Archidiakonat Hollenstedt inne. Diese Regelungen und die Gründung des Stifts wurden 1223 durch Papst Honorius III. bestätigt. Im 14. und 15. Jahrhundert bestanden enge Beziehungen der Dignitäten des Stifts zur römischen Kurie. Drei Pröpste des Stifts (Horborch, von Stelle, Christiani) und ein Dekan (Otto Berlin) waren als Kollektoren tätig; Horborch und Christiani hatten kuriale Ämter inne, Berlin wirkte am Baseler Konzil. Es bestanden folgende Ämter: Probst (erstmals genannt 1221), Dekan (1221), Kustos (1237, später ab 1285 auch als Thesaurar) und Scholaster (1237). Ein Prokurator bestand erst im 16. Jh. Die Kirche des Stifts diente zugleich als Pfarrkirche. Inkorporiert waren die Pfarreien Borstel, Jork, Mittelnkirchen, sowie in der Anfangszeit auch Estebrügge (alle im Alten Land). Die Kirchen in Hasselwerder (Altes Land), Sittensen (Landkreis Rotenburg/Wümme) und Apens (Landkreis Stade) waren vom Stift abhängig.
1529 erhielt das Stift durch Bischof Christoph die Gerichtsbarkeit über seine Mitglieder, was zu einem ein Jahrhundert andauernden Konflikt mit dem Domkapitel führte. Die Reformation wurde 1567 eingeführt, den Kanonikern war jetzt eine legitime Ehe möglich, was dazu führte, dass immer seltener Besitz an das Stift zurückfloss. 1599 wurde ein Kanonikat mit der Stelle des Dompredigers verbunden; auch die Rektoren und teilweise der übrige Lehrkörper der Verdener Domschule wurden nun mit Kanonikern besetzt.
Im Dreißigjährigen Krieg wurden die Kanoniker 1627 durch die Truppen Tillys vertrieben; ihre Kirche wurde von 1628 bis 1631 von Jesuiten besetzt. Im Herbst 1635 wurde das Stift wiedereingerichtet, aber 1649 unter schwedischer Herrschaft endgültig aufgelöst.
Im Zuge der Stiftung wurde St. Andreas unter anderem mit Lüneburger Salinengütern sowie Zehnten und Höfen im Großraum Verden ausgestattet.
Das Einkommen aus den Meierhöfen des Stifts dienten spezifischen Pfründen. Die Zehnten und das Sülzgeld wurden unter den Stiftsherren verteilt.
Die Kirche ist erhalten. Es handelt sich bei ihr um einen der ältesten Backsteinbauten Norddeutschlands. Hier befinden sich eine Grabplatte des Stifters Iso von Wölpe sowie eine gotische Glocke.

Literatur: Walter Jarecki, Artikel Verden – Kollegiatstift St. Andreas, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 1452-1459.

Germania Sacra: 814

Bearbeiter: Lennart Steffen