Photo: Klosterkammer, Kristina Weidelhofer

Lüne – Benediktinerinnen, später ev. Damenstift

Existenz: 1171 bis heute
Heutiges Gebiet: Stadt Lüneburg
Orden/Art: Benediktinerinnen, seit 1711 evangelisches Damenstift
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Diözese Verden/heute Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers, Bistum Hildesheim; bei Gründung: Sachsen, heute Land Niedersachsen

1171 bekam Hildeswidis von Markboldestorp (Marmstorf) vom Abt des Benediktinerklosters St. Michaelis in Lüneburg das Recht, bei der Jakobikapelle in Lüne ein Kloster zu errichten. 1240 fielen die Gebäude einem Brand zum Opfer. Unter dem Einfluss des Klosters St. Michaelis scheint es sich zu einem Benediktinerinnenstift entwickelt zu haben. Bis 1270 stellten die Benediktiner die Lüner Pröpste. Das Kloster verfügte seit der Gründung über ein Stück des Märtyrergewandes des hl. Bartholomäus.
Die Zahl der Konventualinnen, die sich aus dem Bürgertum, insbesondere in der Frühzeit aber vor allem aus dem landsässigen Adel rekrutierten, bewegte sich von 60 (1284) bis zu mehr als 80 nach der Reformation. Der Konvent unterstand einem Prior bzw. einer Priorin und wurde ab 1711 von evangelischen Äbtissinnen geleitet. Die Nonnen durften über eigenen Besitz verfügen.
1370-1374 geriet das Kloster in einen Konflikt um die Propstwahl, die mit dem durch Papst Gregor XI. verliehenen freien Propstwahlrecht für den Konvent endete. 1372 brannte das Kloster erneut, konnte aber unter dem neu gewählten und auch in poltitischer und geistlicher Hinsicht sehr aktiven Propst Johannes Weygergang schnell wiedererrichtet werden. Das Kloster erwarb nun umfangreiche Güter, die Finanzlage stabilisierte sich.
Inkorporiert waren dem Kloster die Kirchen in Rade, Betzendorf mit Barnstedt und die Kapelle St.Gangolfi. Das Patronatsrecht übte es in den Kirchen zu Adendorf, Handorf, Thomasburg, reinstorf, sowie in der Kapelle des Hospitals St. Nikolaihof und über die Vikarien St. Barbara in der St.-Lamberti-Kirche in Lüneburg sowie St. Elisabeth in armario in der St.-Johannis-Kirche in Lüneburg aus.
Der landwirtschaftliche Besitz einschließlich Zehnten erstreckte sich in den heutigen Landkreisen Lüneburg und Harburg zwischen Ilmenau, Neetze und Elbe. Er wurde zentral verwaltet. Das Kloster war zudem zweitgrößter Anteilseigner an der Lüneburger Saline. Außerdem besaß es Mühlen in Lüneburg, Ellringen, Thomasburg, Wennekath, und Wiecheln. Seit 1572 gab es eine Amtsmühle in Lüne. Fischereirechte besaß das Klotser in Adendorf, Bleckede, Fliegenberg, Handorf, Leversen, Neetze, Rohstorf, Volkstorf und Vrestorf. Bedeutend war unter den Gebäuden der Lüneburger Klosterhof. Das Kloster besaß bedeutende
Mitte des 15. Jahrhunderts litt der Konvent im sog. Prälatenkrieg schwer unter einem Streit der Stadt mit den Sülzprälaten, in dem sich der Propst Dietrich Schaper stark engagierte. Unter dem ratsnahen Propst Nikolaus Graurock wurden die Verhältnisse im Kloster stabilisiert. Verstärkt fanden nun Bürgertöchter den Zugang zum Konvent. Das Kloster wurde einer Reform unterzogen und weitete seinen seit Gründung unterhaltenen Schulbetrieb aus. Seit 1508 gab es ein Siechenhaus.
1529 wurde der Propst seines Amtes enthoben. 1562 wurde die erste protestantische Domina gewählt. Erst 1573 waren alle Nonnen evangelisch. 1555 schrieb die Klosterordnung u.a. die Ausbildung adeliger und bürgerlicher Schülerinnen fest. 1711 wurde das Kloster in ein evangelisches Damenstift unter der Aufsicht des Landesherrn umgewandelt. Seit 1937 ist das Kloster Stiftung öffentlichen Rechts unter Verwaltung der Klosterkammer Hannover.
Die Kirche aus dem 15. Jahrhundert mit Kreuzgang sowie die Klostergebäude sind erhalten. Es existieren zwei Glocken aus dem 16. Jahrhundert, deren erste sich heute im Museum Lüneburg befindet. Kunsthistorisch bedeutend ist ein Altargemälde Lucas Cranachs d.Ä. („Beweinung Christi“) sowie die Bemalung im Winterremter aus dem 15. Jh., ferner Kapitelle und Bemalung der Barbarakapelle. Herausragend sind die erhaltenen spätmittelalterlichen Textilien. Außerdem sind zahlreiche Schränke und Truhen vom 12.-16. Jahrhundert erhalten. Der Löwentürzieher an der Kirchentür entstammt wohl der Gründungszeit.
Zu Inschriften vgl. DI 24 u. DI 76.

Literatur: Uta Reinhardt, Artikel Lüne – Kanonissenstift (?), dann Benediktinerinnen, später ev. Damenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 938-947.

Germania Sacra: 843

GND: 4099906-3

FemMoData: 1252

Bearbeiter: Aaron Schwarz