Photo: Klosterkammer, Dr. Jens Reiche

Bassum – Kanonissen

Existenz: zwischen 846 und 850 bis heute
Heutiges Gebiet: Bassum, Landkreis Diepholz
Orden/Art: Kanonissenstift, zeitweise Benediktinerinnen, später Damenstift
Damalige kirchliche/weltliche Zugehörigkeit: Erzdiözese Hamburg-Bremen; heute Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannover, Bistum Osnabrück. Sachsen, bei der Aufhebung 1811 Königreich Westphalen

Die Gründung des Stiftes erfolgte durch Liutgard, vermutlich aus der sächsischen Hochadelsfamilie der Liudolfinger, zwischen 846 und 850. Es wurde von Liutgard der Bremer Metropolitankirche übergeben. Es ist eine Reliquienüberführung vermutlich durch Bischof Adaldag aus dem Jahr 965 belegt, bei der unter anderem der corpus des Heiligen Victor nach Bassum kam. Im Jahr 1317 ist eine Wallfahrt zum Heiligen Blut Christi in Bassum bezeugt. Die Patrone sind Mauritius, Maria und seit 965 Victor. Im 11. und 12. Jahrhundert prägten Auseinandersetzungen mit den Bremer Erzbischöfen, die eine Reform des Stiftes in ein klösterliches Konvent anstrebten, die Stiftsgeschichte. Auch wenn seit 1207 mit Beatrix von Oldenburg eine Benediktinerin Äbtissin war und seitdem Bassum in päpstlichen und bischöflichen Urkunden als Benediktinerinnen-Kloster geführt wurde, bewahrten sich die Kanonissen ihre Rechte. Das Stift bewahrte sich bis heute unter der Leitung seiner Äbtissin, die bis 1852 auch die Niedergerichtsbarkeit im Stiftsbezirk ausübte, eine große Eigenständigkeit. Traditionell wurden vier Kanonikerstellen vergeben, heute sind es noch drei. Im 15. Jahrhundert besaß die Hoyasche Niederadelsfamilie Frese großen Einfluss auf den Konvent, wie insgesamt der Hoyasche Adel im Stift vertreten war.
Nach seiner Gründung wurde das Stift mit königlichen Rechten ausgestattet, und war der ausschließliche Grundherr in und um Bassum. Das Stift verfügte über erheblichen Grundbesitz von der Hunte bis zur Mittelweser mit Schwerpunkt im Kirchspiel Bassum. Darüber hinaus gab es weiter entfernten Streubesitz und eine Villikation in Gadesbünden (Godesbunde). Dem Stift stand der Zehnt aus zahlreichen Dörfern in dem Gebiet zu, von dem jedoch ein Teil als Lehen verwaltet wurde. Im Laufe der Geschichte wuchs der Besitz durch inneren Landesausbau, u.a. durch die Neugründungen Nienhaus und Kleinenborstel bei Schwarme. Das Stift verfügte über eine eigene Dienstmannschaft, die einem Truchsess unterstand. Weiterhin gehörten Wassermühlen in Bassum, Nienstedt und Katenkamp zum Besitz. Im 13. Jahrhundert verschuldete sich das Stift hoch, es hatte große Ausgaben durch den Neubau der Stiftskirche, den Aufbau einer Bibliothek und eines Skriptoriums. Neben der Stiftskirche gehörten die ursprünglichen Kapellen und späteren Pfarrkirchen Nordwohlde und Sudwalde zum Stift. 1300 bzw. 1301 erteilten der Erzbischof und das Bremer Domkapitel Bassum die Erlaubnis Kirchen und Kirchhöfe in den Dörfern Hallstedt, Apelstedt, Katenkamp, Albringhausen, Nienstedt, Henstedt, Wubensesen (=Wickbranzen), Ochtmannien, Grafstede, Ringmar und Bramstedt einzurichten.
In der mittelalterliche Stiftsschule unter dem Vorstand einer Scholasterin wurde seit der Reformation vom Kantor bzw. Küster unterrichtet, ab 1581 gab es einen Schulmeister. 1831 wurde eine Mädchenschule gegründet und 1906 ging aus den vorherigen Formen die öffentliche Volksschule hervor. Ein Hospital ist urkundlich seit 1207 bezeugt.
Die Refomation hielt im 16. Jahrhundert schleichend Einzug. 1538 wurde der erste lutherischer Stiftsprediger gegen den Willen der Konventualinnen eingestellt, 1542 folgte eine lutherischen Klosterordnung, aufgrund dessen statt einer Auflösung des Stiftes die Umwandlung in ein evangelisches Damenstift vorgenommen wurde. Die kurzzeitige katholische Restitution infolge des Restitutionsedikts 1630 scheiterte.
Bis heute steht die nach einer Brandkatastrophe 1327 wieder hergerichtete Backsteinkirche St. Mauritius, die ursprünglich zwischen 1207 und 1268/78 errichtet wurde. Von den Stiftsgebäuden sind Abtei, Stiftsschule, Dechanei, Wasch- und Badehaus, Rentei, Speicher und Stiftsmühle erhalten.

Literatur: Bernd Ulrich Hucker, Artikel Bassum – Kanonissenstift, zeitweise benediktinerinnen, später Damenstift, in: Niedersächsisches Klosterbuch. Verzeichnis der Klöster, Stifte, Kommenden und Beginenhäuser in Niedersachsen und Bremen von den Anfängen bis 1810, herausgegeben von Josef Dolle unter Mitarbeit von Dennis Knochenhauer, (Veröffentlichungen des Instituts für Historische Landesforschung der Universität Göttingen Band 56,1), Bielefeld 2012, S. 59-70.

Germania Sacra: 327

GND: [1237290-0]

FemMoData: 149

Bearbeiterin: Julia Bartels